Musik in den Viten der Haarlemmer Kloppen in der ersten Häfte des 17. Jahrhunderts
"Kloppen" waren fromme Frauen, die allein oder in Gemeinschaft lebten. Diese Lebenform entstand am Ende des 16. Jahrhunderts in den nördlichen Niederlanden, der niederländischen Republik, als dort der Calvinismus als die tonangebende Konfession eingeführt wurde. Die katholische Kirche verschwand aus dem öffentlichen Leben und ihre Gottesdienste fanden in versteckten Hauskirchen statt. Die Organisation lag in den Händen der "holländischen Mission", einer Gruppe katholischer Priester die das katholische Gemeindeleben in der Republik so viel wie möglich zu strukturieren suchte. In dieser Organisation spielten geistliche Frauen, "Kloppen" genannt, eine wichtige Rolle. In einer Welt, in der das Klosterleben Frauen wie Männern verwehrt war, lebten sie so klosterähnlich wie möglich. Kloppen bildeten das Verbindungsglied zwischen der "Hollandse Missie" im Untergrund und den katholischen Gläubigen. Diese Frauen stellten ihre Häuser als heimliche Hauskirchen zur Verfügung, schrieben liturgische Bücher ab und verbreiteten sie, und probierten, wenn sie in Gemeinschaft lebten, so viel wie möglich auch das liturgische Klosterleben am Leben zu erhalten. Eine solche Gemeinschaft ist aus Haarlem bekannt, die Gemeinschaft "De Hoek". Ihre Mitglieder wohnten verteilt über die Häuser in der Gegend zwischen der Bakenessergracht und der heutigen Waalse Kerk, damals die Kirche des Beginenhofs.
2012 publizierte Joke Spaans eine umfangreiche Sammlung von Lebensbeschreibungen aus dieser Gemeinschaft, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts aufgezeichnet wurden (siehe unten) Aus diesen Lebensbeschreibugen wird deutlich, dass Liturgie und Musik in der Gemeinschaft eine wichtige Rolle spielten (vgl. Kap. "Koorzusters", p. 91-93). Auch wenn musikalische Quellen aus den Kreisen der Kloppen bisher nicht bekannt sind, werfen diese Beschreibungen ein interessantes Licht auf das kirchliche Musikleben in einer versteckten Hauskirche. So bilden diese Lebensbeschreibungen eine wichtige Ergänzung zu den Musikquellen aus den Hauskirchen des Amsterdamer Beginenhofs in derselben Zeit. Fehlen aus dem Beginenhof doch bisher jegliche Beschreibungen des täglichen Lebens seiner Bewohnerinnen in der ersten Hälfte des 17.Jahrhunderts.
Kloppen gab es bis ins 18. Jahrhundert. Als das Klosterleben in der Republik wieder zugestanden wurde und die Frauen wieder in Klöster eintreten konnten, gind die Zahl der Kloppen rasch zurück. Die katholische Kirche hatte sich wieder konsolidiert und die Frauen richteten sich wieder auf ein Ordensleben.
Literatur
Joke Spaans, De Levens der Maechden. Het verhaal van een religieuze gemeenschap in de eerste helft van de zeventiende eeuw. Hilversum, Verloren, 2012: CD
Ulrike Hascher-Burger "Zingen in een 'trubbele' tijd", Bij de Tijden. Evangelisch-Lutherse Gemeente Amsterdam, 2 (2018), S. 6-7.
Ulrike Hascher-Burger, "Singing in ‘dreary times’. Music from the Amsterdam court beguinage in the early 17th century", erscheint in Kürze in englischer und tschechischer Sprache in der tschechischen Musikzeitschrift Harmonie.